Zimmerer Hilfen.

 

Zwischenprüfung 1998. Konstruktion einer Satteldachgaube.

Autor(en): Erhard Renner.

Dieser Artikel beinhaltet die Zwischenprüfungsaufgabe des Jahres 1998. Ziel war es, eine kleine Satteldachgaube mit aufgesetztem Gaubenstock zu entwerfen, baufertig zu konstruieren und schließlich auch zu bauen.

I. Vorwort.

Da sich die hier vorgestellte Zwischenprüfung wesentlich im Umfang und im Ablauf von den bisherigen Prüfungen unterscheidet, wird diese Aufgabe auch im Hinblick auf die nachfolgenden Aufgaben im Artikel »Ablauf einer Prüfung« ausführlicher dargestellt.

II. Hinweise an die Prüflinge.

Folgende Hinweise wurden seinerzeit den Prüflingen mit auf den Weg gegeben:

  1. Einigt Euch, wie die Gaube bei eventuell unterschiedlichen Entwürfen aussehen soll.
  2. "Klebt" nicht an Eurem Holz. Ein Holz muß gegebenenfalls von 3(!) Leuten nacheinander bearbeitet werden. Hier wird insbesondere ein gutes Team-Management gefordert.
  3. Hadert nicht mit Eurem Schicksal, wenn der Mitprüfling eine vermeintlich leichtere Aufgabe bekommt. Jede Verbindung, vom einfachen Zapfen bis zur komplizierteren verdeckten Verbindung muß passgenau, fachgerecht und sauber ausgeführt werden. Die Prüfer können durchaus den Schwierigkeitsgrad beurteilen.
  4. Die Euch abverlangten Verbindungen sollen in erster Linie Eure handwerklichen Fähigkeiten aufzeigen. Es kommt deshalb nicht darauf an, ob man in der Praxis die eine oder die andere Verbindung wählen würde.
  5. Sparren werden nach den in der theoretischen Prüfung berechneten Abbundmaßen angerissen (kein Aufriss).
  6. Die Sparrenabschnitte an der Traufe sind frei wählbar, müssen jedoch in der Gruppe abgestimmt werden. Der Dachüberstand ist aber in jedem Falle einzuhalten. Wer es sich zutraut, kann auch den Sparren mit dem Schifterschnitt anfertigen.

III. Planungs- und Konstruktionsaufgabe.

Es ist eine kleine Satteldachgaube mit aufgesetztem Gaubenstock zu entwerfen und baufertig zu konstruieren. Da Ihr die Gaube in der praktischen Prüfung am 10.07.98 im Team bauen sollt, sind die folgenden Bauvorgaben unbedingt zu beachten, bzw. einzuhalten! Die Teile sollen doch schließlich auch zusammenpassen.

IV. Maß- & Konstruktionsvorgaben.

Folgende Maße sind zwingend vorgegeben und müssen unbedingt eingehalten werden:

  1. Die Gesamtbreite der Gaube bezogen auf die Außenkanten des Gaubenstocks beträgt BG = 0,86 Meter.
  2. Die außenliegende lotrechte Höhe des Gaubenstocks ab OK Sparren bis OK Rähm beträgt HR = 1,00 Meter.
  3. Der Gaubenstock erhält eine Fensteröffnung mit den lichten Öffnungsmaßen BF / HF = 0,70 Meter / 0,70 Meter.
  4. Die Dachneigungen des Hauptdaches DNHD und des Gaubendaches DNGD betragen beide DN = 45°.
  5. Die Dachüberstände der Gaube betragen an den Traufen T = 0,20 Meter, am Ortgang O = 0,10 Meter.
  6. Verwende entsprechend der zur praktischen Prüfung mitzubringenden Hölzer nur Querschnitte 8/10 cm.
  7. Die Länge der einzelnen Konstruktionshölzer darf L = 1,50 Meter nicht überschreiten.
  8. Es dürfen nur maximal 16 Hölzer verbaut werden.

Folgende Konstruktionsvorgaben müssen eingehalten, bzw. beachtet werden:

  1. Die Gaube soll weitestgehend (wo immer es möglich ist!) zimmermannsmäßig abgebunden werden. Es sind möglichst dem jeweiligen Zweck entsprechende formschlüssige Verbindungen zu wählen.
  2. Die Gaube soll am Boden zusammengebaut und in einem Stück auf die Sparren aufgesetzt werden, sie muss sich während des Transportes also als formstabil erweisen und als Gesamtelement geplant werden.
  3. Die Gaube wird direkt und stumpf auf die Sparren gesetzt; dieser Anschluss muss nicht bearbeitet werden!

V. Arbeitsschritte.

Gehe planvoll und überlegt wie folgt vor:

  1. Eine Freihandskizze hilft bei der grundsätzlichen Konstruktion der Gaube. Man gewinnt dadurch einen schnellen Überblick.
  2. Steht die Grundkonstruktion fest, kann die Ausführungszeichnung im Maßstab 1:10 begonnen werden. Es genügt die Vorder- und die Seitenansicht der Gaube. Dafür reicht ein DIN-A4-Blatt.
  3. Die Ausführungszeichnung muss alle erforderlichen Abbundmaße enthalten. Abbundberechnungen (z.B. Einteilung und Abbundmaße der Sparren) sollen übersichtlich erstellt und mit abgegeben werden
  4. Zum Schluss sollte die Ausarbeitung durch eine Holzliste komplettiert werden. Hier reicht jedoch eine Liste mit den Pos.-Nr., den Längen der Teile.

Als Gesamtbearbeitungszeit stehen ca. 3 Unterrichtsstunden (ohne Pause) zur Verfügung.

VI. Hinweise zur Konstruktion.


Abbildung 1. »Planung der Dachgaube«.

« Bild anzeigen. »

Die Konstruktion der Gaube läßt sich nach den zwingenden technischen Vorgaben recht gut vorausbestimmen:

  1. Die äußere Breite der Gaube ist verbindlich vorgeschrieben, durch das lichte Fenstermaß liegt die Lage der Gaubenstock-Stiele 1a und 1b fest. Die Maßkette kann nur lauten: 8 cm + 70 cm + 8 cm = 86 cm.
  2. Die Höhe »unterer Aufsetzpunkt« bis OK Rähm Pos. 2b, bzw. auch 3a / 3b ist mit 1,00 Meter vorgegeben. Der Sturzriegel 2b kann durch die lichte Fensterhöhe nicht wesentlich nach unten verschoben werden, da für den Brüstungsriegel 2a bedingt durch die Dachhaut (ggf. Schalung, (Konter-) Lattung und Ziegelhöhe) eine OK-Mindesthöhe von 12-14 cm über OK Sparren benötigt wird.
  3. Durch die vorgeschriebene Dachneigung # und das geforderte rechtwinklige Obholz = 7,5 cm liegen bei dem Lösungsvorschlag auch die Firsthöhe, die Lage und Länge der Firstpfette 5, die Pfettenstiele 4a / 4b, und mit dem Dachüberstand auch die Abbundmaße der Sparren 7 fest.
  4. Alternativ besteht die Möglichkeit, den Riegel 2b als echtes Rähm auf (!) die Stiele zu legen. Dementsprechend liegen dann die Rähme 3a und 3b als Fußpfetten obenauf. Dadurch wird das Dach höher und die Firstpfette länger als max. 1,50 MEter. Etwas an Höhe kann durch Verkämmung eingespart werden.
    Der große Nachteil: Das markante unverschiebliche Dreieck der Gaubenwange ist nicht mehr vorhanden, die Gaube wird in sich labiler, soll aber möglichst verwindungsarm am Boden zusammengebaut werden. Diese Konstruktionsvariante ist somit eindeutig als denkbare, aber schlechtere Lösung einzustufen!
  5. Der Riegel 2c wird außer zur Aussteifung der Gaube auch als Anschlag fürdie Innenverkleidung benötigt.
  6. Auf die Streben 6a / 6b kann nicht verzichtet werden; sie werden außer zur Gesamtaussteifung auch noch als Anschlag für die Verkleidung der Gaubenwange benötigt. Auch hier: Abstand zur OK Sparren!

VII. Verbindungsarten.

Systematik in Anlehnung an M.Gerner: Handw. Holzverbindungen ..., Deutsche Verlags-Anstalt 1992]

Zimmermannsmäßig hergestellte Holzverbindungen lassen sich nach verschiedenen Kriterien (hierarchisch) ordnen. Als Hauptunterscheidungsmerkmal nennt M.Gerner sinnvollerweise die Unterscheidung nach der Verbindungsart:
Stoß | Zapfen | Blatt | Kamm | Hals | Versatz | Klaue | Blockbauverbindungen | Stabbauverbindungen | Reparaturverbindungen.

Als weitere hierarchisch abgestufte Unterscheidungskriterien werden genannt:

  1. Verbindungsformen (Längs-, Eck-, Quer-, Kreuz-Verbindungen).
  2. Verbindungslage (stehend: längs - quer / liegend: hochkant - quer).
  3. Verbindungsrichtung (gerade/rechtwinklig, schiefwinklig).
  4. Bündigkeit (bündig, nicht bündig).

Bedingt durch fehlende Anwendungssituationen bleiben bei der Gaube folgende Verbindungarten unberücksichtigt:

  1. Stoß-Verbindung (es werden keine Hölzer verlängert)
  2. Klauen-Verbindung (keine typisch schräg zueinander liegenden Hölzer)
  3. Blockbau-, Stabbau-, Reparatur-Verbindungen (als Spezialanwendungen).

VIII. Mögliche Verbindungsvarianten.

Es werden nur sinnvolle und an der Gaube mögliche Verbindungen genannt.

1. Quer-Verbindungen:

Bei allen Hölzern mit Ausnahme der Streben und Sparren möglich.

  1. Zapfen (quer).
    • gerader Zapfen (auch abgesteckt).
    • Eckzapfen, Kreuzzapfen, Sonderformen.
    • Brustzapfen (gerade / schräg, evtl. abgesteckt).
    • Fallzapfen, Zapfenschloß, Z. mit Keilen.
    • Fensterriegelzapfen.
  2. Blätter (quer).
    • gerades Querblatt.
    • schräges Druckblatt.
    • schwalbenschwanzförm. Querblatt (auch verdeckt).
    • Hakenblätter (gerade / schräg, auch verdeckt).
    • Blattzapfen.
  3. Verkämmungen.
    • einfacher, doppelter Kamm.
    • Kreuzkamm.
  4. Halsungen.
    • eingeschnittener Hals. (Mit der Firstpfette verkämmt! Nur bei Stielen 4a/b sinnvoll. Hier können dann auch verschiedene Kämme eingearbeitet werden.)
2. Schräg-Verbindungen:

Strebe Pos. 6a mit ... a) Stiel 1a / 1b (2 Verb.) und b) Rahm 3a / 3b (2 Verb.).

  1. Zapfen (schräg).
    • Zapfen mit und ohne Versatz.
    • Jagdzapfen (s. auch Rep.-Verb.!).
  2. Blätter (schräg).
    • einfaches Blatt.
    • schwaschwaförm. Blätter.
    • Hakenblätter (gerade / schräg).
  3. Versätze.
    • winkelhalbier. Stirnversatz.
    • rechtwinkliger Stirnversatz.
    • Rückversatz.
    • doppelter Versatz (alle auch i. V. mit Zapfen!).

IX. Prüfungsvorschlag & möglicher Lösungsansatz.

Zur Herstellung der Gaube müssen insgesamt 16 Verbindungen angefertigt werden. Bei 4 Prüflingen je Arbeitsgruppe muß also jeder Prüfling 4 Verbindungen + 1 Sparren bearbeiten. Die Verbindungen sollten unabhängig vom zu bearbeitenden Holz möglichst gleichmäßig verteilt werden, wobei jeder einen Versatz, eine Zapfenverbindung und jeweils einen Riegelanschluß übernehmen kann. (Überzählige Prüflinge in einer Gruppe [bei 13 Prüflingen] fertigen "Ersatzteile".)

Vorschlag:
  1. Rechtwinkl. Stirnversatz m. Zapfen (4 x) V9 , V10 , V11 , V12.
    Alternativ: 4 verschiedene Versätze.
  2. Einseitiges Schwalbenschwanzblatt (4 x) V3 , V4 , V13 , V14.
    Bemerkung: Dieser Riegel hat auch aussteifende Funktion, eine druck- + zugfeste Riegel-Rähm-Verbindung ist sinnvoll. Altanative: Hakenblatt.
  3. Zapfen (V. Stiel mit Riegel/Rähm) (4 x) V5 , V6 , V7 , V15.
    Alternativ: Kreuzzapfen.
  4. Folgende Verbindungen werden individuell (nach Los) verteilt:
    • Brustzapfen mit gerader/schräger Brust V1 , V2.
      Alternativ: Fensterriegelversatz.
    • Halsung, mit der Pfette verkämmt (2 x) V8 , V16 (Eingeschnittener Hals)
Anmerkungen:

Auf Firstlaschen oder Zangen an den Sparren wird hier verzichtet! Der Sparren mit Schifterschnitt am unteren Ende kann nach eigener Entscheidung bearbeitet werden. Bei entsprechender Sparreneinteilung entfällt er evtuell auch ganz.


Abbildung 2. »Prüfungsvorschlag.«.

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Abbildung 3. »Lösvorschlag«.

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