Zimmerer Hilfen.

 

Der Ablauf einer Prüfung. Ziele, Ablauf und Resultate.

Autor(en): Erhard Renner.

Im August des Jahres 1998 wurde die fachtheoretische und die fachpraktische Zwischenprüfung der beiden niedersächsischen Innungen Alfeld und Hildesheim für insgesamt 13 angehende Zimmerer erstmalig in neuer Form durchgeführt. Diese neue Form soll dieser Artikel beschreiben.

I. Ziele der neuen Prüfungsmethode.

Ziel sollte es sein, die Prüfung der Praxis dem sogenannten handlungsorientierten Unterricht der Berufsschule anzugleichen. Dabei sollte eben nicht nur isoliertes Fachwissen mehr oder weniger zusammenhanglos abgefragt, bzw. in der fachpraktischen Prüfung jedem Prüfling eine isolierte Aufgabe zugewiesen werden, sondern es sollte auch eine weitgehende technisch-konstruktive Selbständigkeit, Kreativität, Kritik- und Teamfähigkeit von den Prüflingen nachgewiesen werden.

II. Ablauf der Prüfung.

Obwohl der Prüfungsausschuß von der Leistungsfähigkeit der Prüflinge überzeugt war, wollte er sicherheitshalber bei dieser Erstausgabe nicht völlig auf die herkömmliche Prüfungsform verzichten. Deshalb mussten die Prüflinge zunächst im Rahmen des fachtheoretischen Prüfungsteils eine abgespeckte traditionelle Prüfung absolvieren, das heißt Fragen zum entsprechenden Fachwissen in Fachkunde und aus Politik / Wirtschaft beantworten und Aufgaben im Fachrechnen bearbeiten. Anschließend folgte dann der zweite, neue Teil der fachtheoretischen Zwischenprüfung. Die Prüfer haben somit Weitsicht bewiesen, denn dieser Ablauf ist inzwischen bundesweit Prüfungsnorm geworden.

Die Aufgabe bestand darin, eine Satteldachgaube nach vorgegebenen Grundmaßen (Außenmaße, Dachneigung, Dachüberstände, Fenstergröße) zu konstruieren (siehe auch Artikel: Zwischenprüfung 1998), nach eigener Entscheidung und Fähigkeit Abbundmaße zu berechnen, gegebenenfalls auch zeichnerisch zu ermitteln und eine Holzliste zu erstellen. Schließlich war eine Bauzeichnung für die Gaube anzufertigen. Des weiteren wurde im Hinblick auf die fachpraktische Prüfung die Forderung in die Aufgabe eingebaut, daß die Konstruktion die Vorfertigung am Boden zulassen muss und die Gaube folglich als Komplettbauteil aufgesetzt und montiert werden kann. Für die Planung wurden 3 Stunden gewährt und das Ergebnis wurde als Individualleistung nach einem Punkteschlüssel gewertet und im Verhältnis 60 : 40 dem vorherigen konventionellen Teil hinzugerechnet.

Am Tag vor der fachpraktischen Prüfung haben die Prüflinge im Rahmen des Berufsschulunterrichts ihre Individuallösungen innerhalb einer zuvor ausgelosten Gruppe zu je 4 Auszubildenden koordiniert und die am Tag der praktischen Prüfung gemeinsam zu verwirklichende Lösung zusammengestellt. Hierbei kam es durchaus darauf an, Kritikfähigkeit bezüglich des eigenen Entwurfs nachzuweisen und sich kooperativ mit den anderen um eine möglichst gute gemeinsame Lösung zu bemühen. Außerdem hatte die Gesamtgruppe (alle zusammen!), einen Vorschlagskatalog der möglichen Holzverbindungen für den Prüfungsausschuß zu erstellen. Als Nachweis der handwerklichen Fertigkeit sollten ausschließlich zimmermannsmäßige Holzverbindungen zum Einsatz kommen.

Die Prüflinge wurden daraufhingewiesen, dass es nicht darum geht, »baustellengerechte« Verbindungen zu wählen oder den Weg des geringsten Widerstands zu gehen. Hier war Kreativität und Einfühlungsvermögen in die Wirkungsweise der traditionellen Holzverbindungen gefragt. Diese Vorschlagsliste wurde dann am Tag der fachpraktischen Prüfung dem Vorsitzenden des Prüfungsausschusses überreicht und daraus jedem Prüfling vier entsprechende Verbindungen zur Bearbeitung zugewiesen. Außerdem hatte jeder Prüfling einen Gaubensparren fachgerecht anzureißen und auszuarbeiten. Durch diese Auswahl und Zuweisung erst am Prüfungstag selbst sollte der typische Prüfungscharakter der Bewältigung einer relativ unbekannten Aufgabe gewahrt werden. Trotzdem konnten alle Prüflinge zuversichtlich in die Prüfung gehen, derweil sie sich mit der Materie zuvor beschäftigt hatten. Ein (ausgeloster) überzähliger Prüfling in einer Fünfergruppe hatte allerdings das Pech, mehr oder weniger Ersatzteile fertigen zu müssen.

III. Resultate der neuen Prüfungsform.

Insgesamt gesehen waren sich alle Beteiligten (Prüfer und Prüflinge) einig, dass diese Form der Prüfung sinnvoll ist und unbedingt empfohlen werden kann. Es war eine Freude zu beobachten, mit welchem Eifer und Elan die Gruppen bei der Arbeit waren, zudem sich auch die Ergebnisse sehen lassen konnten. Die Bewertung der Ergebnisse erfolgte ebenfalls in zwei Schritten. Vor dem Zusammenbau der Gauben wurden zunächst die einzelnen Hölzer wiederum als Individualleistung begutachtet, danach das Gesamtwerk.

Es ergab sich hierbei noch ein erfreulicher Zusatznutzen. Die fertigen Gauben konnten nunmehr den Fachklassen der Dachdecker zu Übungs- und Prüfungszwecken zur Verfügung gestellt werden. Immerhin waren von jedem Prüfling jeweils 4 Kanthölzer 8/10 cm à 1,50 Meter Länge mitzubringen, die auf diese Weise sinnvolle Verwendung fanden.

Das neue Prinzip hat sich somit gleich im ersten Versuch als erfolgreich und gut erwiesen und wurde somit für die folgenden Prüfungen übernommen. Ein entsprechender Bericht ist auch erschienen in »Der Zimmermann, Heft 9/98«.

IV. Anmerkungen.

Die oben gennanten Innungen haben bereits mehrjährige Erfahrung in der Einbindung der EDV (Abbund-Programme) in die Zwischen- und Abschluß-Prüfungen der Zimmerer, und es ist erklärtes Ziel, auch diesen Weg weiterzubeschreiten und deren Einbindung in einen wie den obigen Prüfungsablauf voranzutreiben, was in diesem Jahr aufgrund technischer Umrüstungsprobleme in der Schule leider nicht möglich war.

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